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Heute fragt Frau Brüllen wieder, was die Menschen in der Welt den ganzen Tag so machen.

Wenn ich um 6.50 aufstehe, ist noch kein Kind wach. Normalerweise stehen sie selbst etwas früher auf als wir, so verhindern wir Stau im Bad. Ich schwanke im Nachthemd ins Kinderzimmer und frage sie freundlich, ob der Wecker wieder nicht klingelte oder was. Sie sind erschrocken, ich weiss nicht, ob wegen Wecker oder wegen meinem Aussehen.

Zum Frühstück gibt es das, was da ist - Joghurt, hausgemachte Kekse oder Weissbrot mit Nutella oder Zitronencreme (oder im Falle Des Mannes beides). Dann sind die Männer aus dem Haus.

Ich trödele am Computer rum, bis Der Mann anruft und sagt, es sei alles in Ordnung. Die Temperaturen schwanken gerade um Null, dann kann es Glatteis geben. War aber nichts los auf der Strasse, ausser dass eine Ampel nicht funktionierte.

Ich gucke noch schnell nach die Flugtickets für unsere London-Reise im April und dann kriege ich schlinm Heimweh nach Deutschland. Ich schreibe in meinem estnischsprachigen Blog darüber, wie schön es war, vor fast drei Jahren Ende Januar in Lübeck anzukommen. Wie es richtig warm (8-9 Grad) war und wie wir durch den Stadtteil Marli spazierten, bis wir endlich unser Couchsurfing-Haus sahen, so freundlich mit Licht an in jedem Fenster. Und wie toll es war, den Altstadt zu erkunden, mit allen Gassen und Winkeln.

Dann muss ich wirklich an die Arbeit. Ich mache Feuer im Bad (dort muss es immer warm sein, denn sonst trocknet die Wäsche nicht), dann bringe ich die trockene Wäsche weg und hänge die nasse Wäsche auf.  Danach fange ich an, die Bortenspitze an den schwarzen Schal zu nähen. Es geht sehr mühsam voran, denn das Licht ist nicht optimal - es ist schwierig, die guten Glühbirnen zu bekommen und diese Energiesparlampen, die wir in der Küche haben, sind doch nicht so hell wie es auf der Verpackung steht. Nach anderthalb Stunden habe ich die erste Spitze dran und die Augen müde, ich mache Pause.

Ich esse am Computer Brote, die von Gestern Abend übrig geblieben sind. Dann sehe ich, dass eine Mutter (aus der Schule, wo ich arbeite) Dokumentation für ihren Sohn braucht… für morgen. Also, das geht nicht, in dieser Unterlage müssen mehrere LehrerInnen mitwirken, das können wir nicht innerhalb von 22 Stunden machen. Trotzdem bitte ich die Klassenleiterin, dass sie die LehreInnen benachrichtigt, wer Zeit hat, kann seinen Teil schnell fertig machen. Die Mutter schreibt zurück, dass es vielleicht auch nächste Woche geht. Muss gehen.

Ich mache Feuer im Herd und im kleinen Eisenofen im Flur. Dann hole ich Brennholz aus der Scheune. Wir haben zwei Typen von Heizkörper, für die grossen Öfen benutzen wir Holz im LÄnge von etwa 50 cm, für Herd und Eisenofen dürfen die Holzstücke nicht länger als 30 cm sein. Die Jungs werden am Abend as "Ofenholz" holen, ich hole "Herdholz".

Ich nähe weiter, es ist schon Viertel vor Zwei, als ich endlich fertig bin.

Dann gehe ich mit etwas Brennholz in das zukünftige Zimmer von Dem Ältesten. Es ist noch immer nicht fertig, aber seit gestern Abend können wir es heizen! Schön ist es noch nicht in der Ofenecke, da es aber sehr kalt werden kann, machen wir es mit den Fliesen erst im Frühling, sonst können wir dort den ganzen Winter lang nicht mehr weiter machen.

Da der Ofen dort neu ist, komme ich damit noch nicht so gut klar, aber es fängt langsam an, Wärme abzugeben. Ich schmiere Putz an die Wand. Das dauert.

Kurz vor Vier lasse ich den Ofen in Ruhe und gehe in die Küche. Ich mache wieder Feuer im Herd und fange an zu kochen. Heute gibt es Frikadellen-Gemüsesuppe. Bouillon und Frikadellen habe ich früher zubereitet, die muss ich nur auftauen lassen.

Der Mann ruft an, er kann Den Jüngsten nicht erreichen. Na dann muss er eben weiter versuchen, meine ich.

Es kommt ein E-mail von einer netten Bekannten-Blogleserin, die uns bei ihrer Familie (sie ist estnisch, ihr Mann englisch) in London einladen will, wir müssen einfach ihr die genauen Daten geben. Ich beantworte es, während die Suppe kocht. Das wäre wirklich sehr schön, die Tochter von der Bekannten ist nur 2 Tage jünger als Der Jüngste, und wir möchten sie wirklich sehr gern sehen. Ob es dann klappt, wissen wir noch nicht.

Wenn ich die letzten Wörter tippe, kommen schon meine Männer nach Hause. Die Kinder fangen sofort mit Zanken an, aber heute ist es vielleicht doch nicht so schlimm wie manchmal.

Wir essen die Suppe, Der Älteste klagt, dass es fetter ist als sonst. Vielleicht wirklich, kann schon sein.

Der Mann schreibt noch E-Mails an einen Mann aus Vlotho, der uns Raufasertapete verkaufen wird. Raufaser wird nämlich in ganz Estland nicht verkauft und höchstwahrscheinlich auch nicht in Lettland (hab' bei den grösseren Baumärkten nachgefragt, keiner kennt so etwas). Im Haus haben wir aber überall Raufaser, in den nächsten Räumen muss es auch so sein - vor etwa 10 Jahren wurde es noch auch in Estland verkauft, jetzt nicht mehr, wahrscheinlich viel zu billig. Die Banküberweisung ist gemacht, jetzt müssen wir nur auf den Paket warten. Ulkig, so etwas.

Ich bin extrem müde - die letzten Nächte sind immer viel zu kurz gewesen -, so beschliesse ich mich, ein Nickerchen zu machen. Es ist Viertel vor Neun, als ich aufwache. Im Traum war ich eine junge Frau, die eine Eidechse mit Muttermilch füttern musste, damit es nicht die Menschen frisst… und dann in einem Tunnel tief unter irgendeinem Berg die Leiche ihres Bruders entdeckt. Ich habe nie einen Bruder gehabt, aber es hört sich schon nach einer schlechten Horrorfilm an, oder?

Im wahren Leben haben die Kinder Brennholz geholt. Jetzt guckt Der Jüngste etwas auf KiKa, Der Älteste spielt Fortnite mit einem Freund und Der Mittlere hat für die Schule ein Märchen geschrieben müssen. Es ist die Fortsetzung seinem Märchen über dem faulen Ritter Roland, der von einem faulen Drachen entführt wurde. Jetzt ist Roland König, wird aber wieder vom Drachen geholt, damit er dem Drachen das richtige Faulenzen beibringt. Na gut. Ich korrigiere seine Fehler (Kommas!) und er setzt sich ans Computer, um das Ganze schön und sauber für die Lehrerin umzuschreiben.

Um Neun Uhr geht Fernseher aus, Der Jüngste und Der Älteste putzen sich die Zähne, Der Mittlere schreibt aber immer noch - er ist nicht so richtig schnell am Tippen. Die anderen Kinder wollen etwas über ihre Klassenkameraden erzählen, dann sagen sie, dass sie lieber ins Bett gehen, weil ich heuet ja nicht vorlesen kann. Stimmt, Der Mittlere will ja auch mithören, kann aber sonst nicht. Wir beten mit ihnen und dann sind sie weg. Etwa 10 Minuten später ist auch Der Mittlere endlich fertig. Er geht ins Bad, ich korrigiere wieder die Fehler… Dann ist sein Märchen ausgedruckt und er selbst auch im Bett.

Der Mann guckt noch irgendwas im Fernsehen, ich fange an, den Tag aufzuschreiben. Jetzt muss ich noch die Spülmaschine anmachen und für die Kinder Bonbons aussetzen - es kommt kein Nikolaus, aber während Adventzeit kriegen die estnischen Kinder jede Nacht Bonbons oder kleines Spielzeug von Wichteln… oder bei uns als christliche Familie, von Engeln. Sie glauben nicht mehr daran, klar, und aus dem Spielzeugalter sind sie auch grundsätzlich raus (also, wir haben eine Wanne voll Legos und dieses Jahr kommen noch welche dazu… ), aber es ist ja immer schön zu erleben, dass die Eltern an sie denken, und ein Bonbon am Morgen macht übrigens gute Laune.

Den schwarzen Spitzenschal werden wir morgen Abend an den Rahmen spannen, heute hatte ich wirklich keine Kraft dazu. Dann werde ich vielleicht auch Fotos zeigen.

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