Am 5. Dezember. Ungeschönt.

Um 7 Uhr am Morgen sind draussen -13'C. Ich mache Kaffee und Rührei für die grossen Jungs. Der Mann und ich essen Toast, der Jüngste hat eine Stück von Kürbiskuchen von Sonntag. Die Waschmaschine wollte wieder nicht schleudern. Ich versuche es dann mit halber Ladung - geht. Wenn wir das haus verlassen, schleudert es gerade die zweite Hälfte.

In der Stadt lässt der Mann zuerst den Jüngsten, dann den Ältesten raus. Dann bin ich dran, die letzten hundert Meter kann ich wohl laufen. Im Literaturmuseum finde ich den Raum, den ich mit einer sehr alten, sehr netten Dame teile. Zuerst rufe ich den Computermann an, damit ich eine lokale E-Mailadresse und dadurch Zugang zum Computer kriege. Alles funktioniert. Noch lege ich eine Schachtel Konfekt hin, wer heute (oder morgen ins Zimmer kommt, kann welche haben, denn ich habe ja auch was zu feiern (mein letzter Beitrag...). Ich fange an zu arbeiten, irgendwann kommt auch meine Zimmernachbarin. Ich erzähle ihr, warum ich Süsskram mitgebracht habe. Sie freut sich. 

Ich tippe und versuche gleichzeitig, die 98 Jahre alte Handschrift zu dechiffrieren. es ist nicht immer so einfach, aber toll ist diese Arbeit trotzdem. Inzwischen schaue ich ab und zu mein E-mail - weil ich ja sowieso die Orts- und Personennamen googeln muss. Stromrechnung ist nicht schön. Der Jüngste ist aber endlich aus der bisehrigen Schule abgemeldet. 

Um 13.20 gehe ich wieder, denn ich will aufs Bus. Ich treffe im Busbahnhof gerade dann an, als unser Bus in die Haltelücke rollt. Ist das Wetter schön bei dieser Kälte! Irgendwo unterwegs schauen drei Rehe zu, wie der Bus vorbei fährt. Es fährt... und fährt... und dann ist es bei meiner Haltestelle vorbei. Also bitte? Ich muss den Fahrer mehrmals rufen, bevor er überhaupt reagiert. Er schimpft mich an, warum ich nicht früher was gesagt habe - es ist aber sein Job, den Bus anzuhalten... "Bitte, öffnen Sie endlich die Tür und lassen Sie mich raus!" muss ich schliesslich sagen, denn er will offensichtlich nicht, dass ich aussteige. Ich laufe einen Kilometer durch den Wald. Es ist bitterkalt. 

Zu Hause mache ich zuerst Feuer, dann trage ich Brennholz zu anderen Öfen. Ich muss in die Garage, um die leeren Einmachgläser wegzubringen (natürlich werde ich sie im Sommer wiederverwenden!) und einen Sack Flickenteppichmaterial reinbringen - denn obwohl ich gerade kaum webe, muss die Waschmaschine im Moment jede Nacht laufen, sonst erfriert unsere Wasserpumpe. Die Säcke mit Stoff sind von Gipsplatten blockiert. JUNGS! Ich rücke und hebe. Und ich bin noch mehr sauer als bevor. Wieder drinnen schreibe ich eine Nachricht ins Messenger - die Kinder können unter sich raussuchen, wer diese Gipsplatten so gelassen hat, und derjenige kann dann heute Abend Brennholz holen. Sonst hätte ich es gemacht. GRR!

Ich mache zuerst einen Hefeteig, für Zimtschnecken heute Abend. 

Der Älteste ruft and - wo muss er hin, wann sind die andrern fertig - ich weiss es doch gar nicht. Er hat meine Nachricht gesehen und fängt an zu argumentieren - das ist seine schlechteste Eigenschaft (aber ich liebe ihn trotzdem sehr). 

Ich rufe die Busfirma an. Die Dame am Telefon wirkt irgendwie gleichgültig. Oder bin ich einfach nicht in der besten Laune...

Ich esse einen Stück Hähnchenauflauf von gestern und eine Banane. Dann schreibe ich diesen Eintrag. Inzwischen ruft Der Mann an, ob er was einkaufen muss - heute nicht. Draussen sind -16'C. 

Ich fange an mit dem Abendessen. Herd will nicht so - es wird bei diesen Temperaturen sehr langsam heiss, Holzheizung eben. Dann mache ich zuerst die Zimtschnecken, erst dann Shepherd's Pie - Backofen funktioniert mit Strom, das lässt sich nicht von Kälte stören. 

Der Älteste kommt an. Er schämt sich wohl ein bisschen, geht prompt raus Brennholz holen. Lass doch, Mama, ich mach's! höre ich mehrmals. 

Dann sind auch Der Mann und die anderen Kinder da. Der Jüngste hat eine supertolle Idee für sein Forschungsprojekt. Ich kriege einen Krampf im Fuss, der Mann versucht, mich zu unterstützen, aber vom gesicht des Mittleren sehe ich, wie es eigentlich aussieht... Der Mittlere erzählt, dass ein Schulfreund genauso wie wir in einem riesigen Haus auf dem Lande lebt - und sein Zimmer soll auch der kälteste im ganzen Haus sein! (dann zeigt Der Mann gerade mir die Nachricht, dass die Hoodiedecken für Kinder unter den Weihnachtsbaum auf dem Weg sind)

Wir essen. Jeder erzählt etwas. Nach dem Essen kämpfen der Jüngste und der Älteste. Die grossen Jungs machen sich Kaffee. Der Jüngste geht nochmal in die Scheune, um Dachschindel zu holen - fürs heizen, die sind seid 2017 runter vom Dach, 120 Jahre alt und dementsprechend kaputt... Aber sie brennen wunderbar. 

Jetzt gibt es für mich eine Tasse Tee und Strickzeug, für Den Mann Babylon 5, für die Kinder Computer - und vielleicht lernt mancher auch für morgen... 

Aber bevor ich losstricken kann, verlinke ich diesen Post bei Frau Brüllen, die seit Jahren zum Tagebuchbloggen am 5. jedes Monats aufruft. Dankeschön!

Comments

  1. Hallo Estlandmama, Danke fürs Teilen und kommt gut durch den Winter! Je nachdem, welchen Textumfang du transkribieren musst, könnte dir vielleicht OCR helfen. Für einhundert Jahre alte Schriften sind die Programme in der Regel bereits gut trainiert. Beispielsweise gibt es "transkribus" (read-coop.de), fürs Erste hat man dort kostenfrei die Möglichkeit, zu testen. Liebe Grüße!

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